Wie ein Muslim zu Ostern steht
Artikel von Mouhanad Khorchide / RP Online
Düsseldorf. Die meisten Menschen muslimischen Glaubens verbinden mit Ostern vor allem Hasen und bunte Eier. Dabei bietet das christliche Fest der Hoffnung und des Neuanfangs viele Parallelen zum Islam.
Ob christlich oder nicht: Der niedliche Hoppler mit den langen Ohren gehört zum Osterfest dazu. © dpa/WILDLIFE/G.Delpho
Dass wir Muslime Ostern fast ausschließlich mit Osterhasen und bunten Eiern verbinden, überrascht kaum – schließlich geht es vielen Christinnen und Christen ähnlich. Vor einigen Jahren erklärte mir ein christlicher Theologe, dass diese Bräuche nicht aus der Bibel stammen, sondern auf alte Frühlings- und Fruchtbarkeitsrituale zurückgehen. Im Lauf der Jahrhunderte wurden sie mit dem christlichen Osterfest vermischt. Und dennoch, so sagte er, hätten sie viel mit Ostern zu tun.
Er erklärte mir: Ein Ei wirkt äußerlich leblos, doch aus ihm kann neues Leben entstehen, ein starkes Bild für die Auferstehung Jesu Christi von den Toten. Genau das feiern Christinnen und Christen an Ostern. Denn Jesus, so ihr Glaube, blieb nach der Kreuzigung nicht im Tod, sondern wurde von Gott auferweckt. Ostern ist deshalb das höchste und bedeutendste Fest im Kirchenjahr.
In der orthodoxen Tradition symbolisieren rot gefärbte Eier das Blut Christi und die Freude über seine Auferstehung. Auch der Hase gilt, wegen seiner schnellen Vermehrung, als altes Zeichen für Fruchtbarkeit und Neubeginn. Beides steht symbolisch für das „Ja“ zum Leben. Eier und Hasen sind somit keine religiösen Symbole im engeren Sinn, sondern volkstümliche Elemente, die das Osterfest bunter, kindgerechter und fröhlicher machen. Passend zur Botschaft vom neuen Leben.
Doch soll das christliche Osterfest für uns Muslime emotional fremd bleiben? Keineswegs! Denn die Fragen nach Tod und Leben, nach Hoffnung und Neuanfang sind keine ausschließlich christlichen Themen. Die Auferstehung steht für den Sieg über Tod und Böses, nicht nur für Jesus, sondern als Hoffnungsperspektive für alle Menschen.
Vielleicht entdecken wir Muslime gerade an Ostern, dass auch wir Geschichten vom Neuanfang kennen, im Koran, im Leben, im Herzen. Was ist der Ramadan anderes als ein Weg von Enthaltsamkeit zum Fest? Was ist das tägliche Gebet anderes als ein Aufstehen aus der Zerstreuung in die Gegenwart Gottes? Und was ist unser Glaube anderes als der ständige Aufruf, das Gute in einer oft zerrissenen Welt auferstehen zu lassen?
Der Schlüssel zu einem erfüllten Leben liegt doch darin, die Kunst zu beherrschen, sich immer wieder neu zu erfinden, neue Seiten an sich zu entdecken, neu ins Leben zu starten. Jede Niederlage ist ein Aufruf, einen neuen Abschnitt zu beginnen, voller Kraft und Überlebenswillen.
In diesem Sinne: Uns allen Frohe Ostern!