OB Reker zu Besuch in Istanbul: Familie von Imamoglu fühlt sich im Stich gelassen

Von :  NTV

Nach dem umstrittenen Arrest des Istanbuler Bürgermeisters Imamoglu kritisiert Kölns Oberbürgermeisterin Reker die internationale Zurückhaltung. Beim Besuch seiner Familie in Istanbul erlebte sie eine "erschütterte und bedrückte" Stimmung. Reker fordert klare Worte aus Europa.

 

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Ekrem Imamoglus Mutter und Familie nehmen an einer CHP-Kundgebung in Maltepe, Istanbul, am 29. März 2025 teil. © picture alliance / abaca

 Die Familie des inhaftierten Istanbuler Bürgermeisters Ekrem Imamoglu ist nach Angaben der Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker enttäuscht von den zurückhaltenden internationalen Reaktionen auf die Verhaftung. "Sie fühlen sich extrem im Stich gelassen, weil sich keine internationale Stimme wirklich dagegen erhebt", sagte Reker in Köln.

Reker hatte Imamoglus Frau Dilek am Montag in Istanbul besucht. Köln ist einer der Partnerstädte Istanbuls, deshalb kannte sie die Familie schon vorher. Die Ehefrau, die beiden Söhne und die Tochter hätten auf sie "sehr angefasst" und "erschüttert" gewirkt, sagte Reker. "Das war schon bedrückend."

Besuch im Gefängnis wurde nicht genehmigt

Die Festnahme des dann abgesetzten Istanbuler Bürgermeisters Imamoglu am 19. März hatte in der Türkei die größten regierungskritischen Proteste seit Jahren ausgelöst. Imamoglu, der nach seiner Festnahme zum Präsidentschaftskandidaten der größten Oppositionspartei CHP ernannt wurde, ist einer der wichtigsten innenpolitischen Rivalen des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan.

Gegen Imamoglu werden Korruptions- und Terrorismusvorwürfe erhoben. "Was man von einem EU-Beitrittskandidaten erwarten darf, ist, dass solche Vorwürfe schnell aufgeklärt werden", sagte Reker. "Nach unserem Rechtssystem kann man auch nur festgehalten werden, wenn Flucht- oder Verdunklungsgefahr besteht - das kann man von dem Bürgermeister einer Millionenstadt sicher nicht sagen." Insofern gehe es hier offensichtlich um ein abgekartetes Spiel, sagte Reker. Imamoglu selbst habe sie nicht besuchen dürfen. "Der Haftbesuch ist nicht genehmigt worden." Seine Frau Dilek habe ihn bisher dreimal besuchen dürfen.

Die Kölner Oberbürgermeisterin war zu einer Konferenz des türkischen Städtetages nach Istanbul gereist. Daran nahmen auch andere deutsche Bürgermeister teil, darunter Bremens Bürgermeister Andreas Bovenschulte von der SPD und Hannovers Oberbürgermeister Belit Onay von den Grünen. Reker appellierte an deutsche Politiker, Solidarität mit Imamoglu zu bekunden. "Ich würde mir das deutlicher wünschen, dass man dazu etwas sagt. Wenn man sich verbunden ist, muss man sich auch beistehen."